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Wie finde ich die passenden Worte bei einem runden Geburtstag? - Rhetorik-Expertin Margit Lieverz verät im Interview Ihre Tipps für eine perefekte Geburtstagsrede. Denn solch ein Rede sollte sehr persönlich sein...

Eine gelungene Geburtstagsrede - so wird die Rede zum Geburtstag gut und persönlich

Rhetorikexpertin Margit Lieverz hat Tipps für alle, die eine Rede bei einem runden Geburtstag halten müssen

Rhetorikerin Margit Lieverz
Interviewpartner: Rede-Expertin Margit Lieverz

Das Interview mit Rhetorik Expertin Margit Lieverz

redner.org:
Heute geht es um das Thema "Wie halte ich die perfekte Rede bei einer Geburtstagsfeier?" Ich habe eine Expertin eingeladen, die ist Moderatorin, Keynote-Speakerin und auch Autorin von dem Buch "Reden ist Silber. Frei reden ist Gold". Ganz herzlich willkommen, Margit Lieverz, einer der führenden Expertinnen, was das Thema Rhetorik angeht. Hallo!

Margit Lieverz:
Danke für die Einladung.

redner.org:
Was würdest du sagen? Wie sieht eine perfekte Geburtstagsrede aus?

Margit Lieverz:
Ich tue mich immer ein bisschen schwer mit dem Begriff "perfekt". Also ich mag nicht diesen Druck des "Das muss jetzt aber perfekt sein". Für mich gibt es dieses Wort "Vollkommenheit" und das ist eine Momentaufnahme. "Vollkommenheit" bedeutet, wenn in dem Moment alles rund ist und alles stimmig ist, alles passend ist, dann ist es einfach gut. Dann fühlt es sich gut an, wenn wir reden und dann fühlt es sich auch für unser Publikum gut an. Es hat ja auch immer etwas mit Gefühlen zu tun, gerade bei so etwas Emotionalem wie einer Geburtstagsrede.

Tipp: Planen Sie maximal ca. 5 Minuten Redezeit für eine kurze festliche Rede ein.

Also: Was ist wichtig? Bitte kurzfassen! Natürlich neigen wir dann dazu, diese ganze Lebenslaufgeschichte Revue passieren zu lassen und je älter derjenige ist dem wir gratulieren, desto länger dauert es dann und das kann ermüdend sein. [...] Also: Je länger eine Rede wird, desto ermüdender wird sie. Deswegen finde ich es immer gut, sich kurz zu fassen. Fünf Minuten ist eine ganz gute Redelänge, wo wir auch noch gerne zuhören, wo es uns als, vielleicht ungeübte/-n, Redner oder Rednerin leichter fällt zu sagen "Fünf Minuten schaffe ich." Alles was länger wird, ist tendenziell schwieriger. Wenn ich jetzt allerdings derjenige bin, oder diejenige, der/die einlädt, dann dürfte man auch mal ein bisschen mehr reden, weil wir dann vielleicht auch die Gäste begrüßen, was zum Ablauf erzählen und so weiter. Da ist dann so ein bisschen Organisatorisches mit drin, dann ist es auch okay, mal 10 Minuten zu sprechen. Es ist also einmal wichtig, sich kurz zu halten.

Tipp: Nutzen Sie gerne Humor, bewahren Sie aber auch die Würde des Angesprochenen.

Dann ist es wichtig, dass es gerne unterhaltsam sein darf. Es darf Spaß machen, es ist ja ein freudiger Anlass. Wenn wir eine witzige Anekdote aus der Zeit haben, aus der wir erzählen wollen, dann kann man dies gerne tun. Aber hier ist Vorsicht geboten: Humor ist immer eine Frage des Geschmacks, also können auch peinliche Momente entstehen. Mein oberstes Credo ist immer "würdigend, wohlwollend, wertschätzend". Also gerne etwas erzählen, was den Jubilar [...] nach oben hebt und worüber alle lachen können, auch derjenige, über den wir reden, wenn es eine Laudatio Rede ist. Es sollte also das Motto "Würdigend, wohlwollend, wertschätzend" gelten. [...]

Tipp: Nutzen Sie Medien zur Orientierung und Strukturierung.

In der Regel sind wir visuelle Menschen. Das heißt, wenn wir unsere Rede mit Bildern aus der Vergangenheit oder schönen Erinnerungen schmücken, dann bleibt die natürlich auch besser in Erinnerung. Und wir haben einfach auch ein Medium, wo wir uns [...] dran orientieren können. Dadurch haben wir dann auch die Reihenfolge im Blick, was hilfreich ist um den roten Faden beizubehalten.

Tipp: Unterschätzen Sie Einstieg und Ausgang der Rede nicht: Denken Sie darüber nach, wie Sie Ihre Rede beginnen und beenden möchten.

Natürlich müssen wir auch über den passenden Einstieg nachdenken: Es gibt ja viele Menschen, die sagen "Ach, wenn ich mal eine Minute geredet habe, dann fällt es mir leicht." Aber was mache ich in dieser ersten Minute, bis es mir leicht fällt? Daher sollte man über den Einstieg wirklich gut nachdenken. Das kann ein Zitat oder mit einem Bild unterstützt sein. Man sollte also mit irgendwas einsteigen, wo ich direkt in der Stärke der Rede bin, in meiner Freude, in meiner Struktur [...]. Dann ist noch die wichtige Frage, wie ich das Ganze beende, sodass ich nicht sag: "Ja, das war's jetzt". Kann man machen, ist aber nicht so spannend. Hier kann man überlegen: Was habe ich für gute Wünsche für meine Gäste, wenn ich derjenige bin oder diejenige, die einlädt oder was wünsche ich demjenigen, wenn ich eine Rede zur Hochzeit eines Jubilars halte? Das sind ja meist gute Wünsche für die nächsten Jahre oder Jahrzehnte. Solche Glückwünsche sind immer ein schöner Abschluss.

redner.org:
Danke sehr für diesen umfangreichen und informativen Einstieg. Bezüglich der Vorbereitung: Würdest du es empfehlen den Vortrag für einen guten Einstieg auswendig zu lernen, insbesondere den Einstieg oder aber auch den gesamten Vortrag? Wie siehst du das?

Margit Lieverz:
Ich komme ja vom Schauspiel. Ich kann natürlich auswendig lernen, aber das können nicht alle. Und das Schwierige beim Auswendiglernen ist auch, dass ich, wenn ich einmal irgendwie aus dem Konzept komme, zum Beispiel, weil ich irgendwas beobachte während meiner Rede, was mich aus dem Konzept bringt oder ich habe so etwas wie den sogenannten Blackout, dann ist es sehr, sehr schwer, in eine auswendig gelernte Rede wieder reinzukommen, weil ich dann einfach den Faden nicht so gut wiederfinde.

Tipp: Anstelle des Auswendiglernens, konzentrieren Sie sich besser auf die Botschaft und richten Ihre Vortragsstruktur anhand des Inhalts aus.

Ich bin ein Fan von "Learning by heart", also "von Herzen lernen". Das heißt also "lerne deine Botschaften". Was möchtest du erzählen? Was ist das, was du auf jeden Fall den Menschen mitgeben willst? Welche sind die Key-Points? Und da habe ich natürlich verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel mit Bildern zu arbeiten. Dann ist es natürlich leichter, denn dann habe ich durch die Bilder in der Präsentation einen roten Faden. Ich kann natürlich auch überlegen, dass ich, wenn ich zum Beispiel, fünf Dinge erzählen will, mit den Fingern belege, also dass das Erste, was ich erzählen will, durch den Daumen signalisiert wird. Und dann rede ich vielleicht über die ersten Lebensjahre und dann kommt die Zeit des Studiums und so weiter. Dann kann man die Hände, also die fünf Finger, mit den fünf Themen belegen. Die Chance, dass ich mir die merken kann, sind ganz gut. [...] Wir können aber natürlich auch mit Karten arbeiten. Ich bin ja Moderatorin. Wenn ich moderiere, habe ich in neunundneunzig Komma neun Prozent der Fälle Moderationskarten und auch die sind ja eher als Unterstützung gedacht. Ich würde nie von Karten gänzlich ablesen also jeden Satz, den ich aufgeschrieben habe. Aber die Karten können auch strukturieren, sodass ich fünf Themen und fünf Karten habe und pro Karte habe ich dann vielleicht zwei, drei Dinge, über die ich zu dem Thema oder zu dem Lebensabschnitt oder zu dem Moment sprechen möchte. Das hilft bei der Reihenfolge und bei den Inhalten, die ich transportieren will. [...] Ich bin immer gerne spontan und wenn ich auswendig lerne, fehlt mir auch die Möglichkeit, zum Beispiel auf das zu reagieren, was vielleicht schon bei der Begrüßung passiert ist oder auf irgendwas, was mir spontan einfällt, weil alles, was strukturiert ist, wenn dann da etwas Spontanes reinkommt, dann wird es schwierig, wenn wir das nicht trainiert haben. [...]

redner.org:
Ich habe das schon oft erlebt, dass die Leute dann sagen: "Ja, ich schreib das nur zur Sicherheit auf, ich gucke dann ja nicht drauf", aber die schreiben trotzdem den ganzen Text auf und dann sind sie auf einmal so nervös, dass sie doch anfangen zu lesen. Also am besten wäre es, sich tatsächlich nur die Stichpunkte auf die Karten zu schreiben.

Margit Lieverz:
Das ist Typ-Sache, ehrlich gesagt. (lacht) Also ich als Moderatorin habe für mich entschieden, dass es für mich persönlich, als Margit, leichter ist, wenn ich wirklich Sätze aufschreibe, also in meine Karten, die ich dann habe. Und die Dinge, die mir ins Auge springen sollen, wie die Keywords oder die Essentials, sind dann fett markiert und farbig hinterlegt. Ich moderiere natürlich in der Regel länger als 5 Minuten, deswegen ist es mir hilfreich, wenn ich ganze Sätze schreibe, sodass ich, sollte ich doch mal irgendwie aus dem Konzept kommen oder den Faden verlieren, reinschauen kann. Mir fällt es persönlich schwer, aus einem Stichwort einen Satz zu bilden. Wenn ich da nur ein Wort stehen habe, dann würde ich mir denken "Was mache ich jetzt damit?" Wenn ich dann aber einen Satz dastehen habe, kann ich den für mich lesen und kann ihn so präsentieren. Deswegen helfen mir ganze Sätze. Ich sage immer "Probiert es doch aus, was euch hilft", denn es gibt Menschen, die sagen, ganze Sätze würden sie irritieren, andere sagen "Zum Glück darf ich das."

Tipp: Nehmen Sie sich Zeit und probieren Sie aus, was Ihnen hilft. Proben Sie Ihren Vortrag, gerne auch mittels einer Audioaufnahme und machen Sie sich dadurch klar, wie Sie vortragen und was Sie sagen wollen.

Man darf also alles, was hilft. Kommen wir da jetzt aber zu dem Punkt, wie ich denn rausfinde, was mir hilft. Es ist wichtig, das vorzubereiten und zu üben. Als geübter Redner mache ich mir ein paar Stichworte und spreche trotzdem frei. Aber für Menschen, die das eben nicht geübt sind oder die vielleicht alle zehn Jahre mal eine Rede zum Geburtstag halten, empfehle ich, sich wirklich Zeit zu nehmen und erst mal aufzuschreiben, was ich denn sagen will. Was ist meine Botschaft? Was will ich mitgeben? Und das kann man von Hand machen, das kann man im Computer eintippen, aber Hauptsache erst mal so ausschreiben, was ich denn sagen will. Und dann kann ich das, was ich sagen will, ja strukturieren, in Abschnitte, in den Karten, wie auch immer ich strukturieren will. Und dann bin ich ein Riesenfan davon, das erstmal einzusprechen. Also nicht gleich die Kamera aufstellen und sehen, wie ich dabei wirke, denn der Körper kann nur die Wahrheit; Körpersprache kann nur die Wahrheit. Wenn ich aber noch gar nicht in meiner Klarheit bin und noch nicht in meiner Wahrheit, kann der Körper auch nichts dazu machen. Also bringt Videoanalyse in dem frühen Stadium noch nichts. Was aber etwas bringt, ist eine Audioanalyse, also eine Sprachanalyse. [...] Werde ich verstanden, wenn ich das sage? Spreche ich vielleicht in Schachtelsätzen? Benutze ich gerne Fachbegriffe? Es sollten uns ja schon irgendwie alle verstehen können. Das heißt also, sich das anzuhören und sich zu fragen, ob es in einem guten Flow vorgetragen ist, es Spaß macht mir zuzuhören und dann einfach daran feilen. Dann kann ich auch Sätze kürzen, etwas verändern und dann wieder neu einsprechen. Also es braucht, um wirklich entspannt vor Publikum zu stehen, sehr viel Vorbereitung [...] . Was ist meine Botschaft? Was will ich sagen? Wie will ich wirken? Wie möchte ich's rüberbringen? Und wie fühle ich mich dann dabei? Denn das Beste ist, wenn wir gut vorbereitet sind und wir sagen können: "Okay, Vollkommenheit reicht mir, perfekt muss es nicht sein, aber ich möchte gerne Freude verströmen, gute Wünsche, eine schöne Energie und selber Spaß bei dem haben."

redner.org:
Das klingt auf jeden Fall nachvollziehbar, wenn man eine Ruhe verspürt, weil man weiß "Ich bin vorbereitet". Dann wird man auch nicht so nervös. Natürlich wird jeder ein bisschen Lampenfieber haben, der nicht öfters vor vielen Menschen spricht, aber das kann man eben bekämpfen durch Vorbereitetsein, sodass man einfach weiß "Nee, ich kann das doch." Du hast schon ganz viele Tipps gegeben. Was ist denn so ein Fehler, wo du denkst "Ach Gott, das bitte vermeiden."

Margit Lieverz:
Ich habe diesen Titel von meinem Buch ausgewählt, weil ich auf einer Hochzeit war und der Bräutigamvater hat seine Rede begonnen mit: "Eigentlich würde ich ja das, was ich zu sagen habe, gerne lieber frei erzählen, aber weil mir so wichtig ist, was ich sagen möchte, lese ich das Ganze jetzt ab." Ich weiß nicht, was er sonst noch erzählt hat, aber A, war ich schockiert über die Einleitung und B, wenn wir lesen, wenn wir ABlesen, sind wir nicht wirklich mit unseren Emotionen connected, außer wir sind geübte Schauspieler und lernen Cold Reading, dann lernen wir einen fremden Text gleich mit Gefühlen zu bestücken. Aber wir Menschen haben Emotionen und gerade bei solchen Themen wie Hochzeit oder Geburtstag und Jubiläum, usw. sind ja Emotionen wichtig, wir wollen ja feiern, wir wollen uns zurückerinnern, wir wollen auch gerührt und berührt sein und ich finde immer das Schlimmste, was man machen kann, ist sich in dem Fall von den Emotionen abzuschneiden, um möglichst perfekt sein zu wollen.

Tipp: Nehmen Sie sich Zeit und probieren Sie aus, was Ihnen hilft. Machen Sie sich dadurch klar, wie Sie vortragen und was Sie sagen wollen.

"Reden ist Silber" heißt, ich finde es ja wirklich unterstützenswert und auch lobenswert, wenn man sich überhaupt vor Menschen stellt und spricht. Also: "Reden ist Silber", das hat schon eine Silbermedaille verdient, aber es ist Gold, wenn ich das frei mache und wenn ich mir selber erlaube, dass meine Botschaften frei kommen. Und das heißt eben nicht, dass ich alles auswendig können muss, sondern dass die Redeparts und die Abschnitte, die ich habe, dass ich die von Herzen spreche, mit Gefühl, mit humorvollen, vielleicht mit sensiblen, vielleicht gibt es da auch einen traurigen Moment, der darf sein. Wir haben diese Fülle an Emotionen und wir Menschen merken uns einfach Dinge besser, die mit Emotionen verbunden sind. Und deswegen ist auch die Chance, dass eine wirklich großartige Geburtstagsrede in den Köpfen und Herzen der Menschen bleibt, viel größer, wenn wir uns erlauben emotional zu sein und zwar ohne uns von den Emotionen überwältigen zu lassen, denn es ist ja ein freudiger Anlass.[...] Es ist ja keine Business-Rede, sondern es ist was Privates, Persönliches und das darf emotional sein.

redner.org:
Prima, Margit, vielen Dank. Ich denke, das waren ganz, ganz tolle und hilfreiche Tipps. Wer noch Unterstützung braucht, der sollte auf jeden Fall das Buch lesen. Dann hat man erstmal einen Background und man kann dich auch buchen: zur Beratung, falls es jemand wagt für eine Geburtstagsrede, wenn es besonders wichtig ist. Aber vielen, vielen Dank für die tollen Tipps.

Margit Lieverz:
Ich habe noch ein paar Tipps und zwar auf meiner Website zum Downloaden. Mein Buch ist natürlich immer lesenswert, aber auf meiner Website finden Sie oben in der Leiste eine Rubrik, die heißt Downloads. Und da habe ich einmal 11 Tipps für die perfekte Rede [...] oder auch elf Tipps für die beste Hochzeitsrede und das Thema "Hochzeit" kann man natürlich auch auf "Geburtstag" übertragen. Wer nun eben Quick-Tipps braucht, kann sich da gerne die PDF runterladen und sonst natürlich gerne mein Buch kaufen oder auf meine Webseite gehen und gucken, was es noch so Schönes gibt. Und ich danke dir, Jan, für die Einladung und dass ich auch ein paar Impulse geben darf und wünsche ganz viel Erfolg bei der nächsten Rede.

redner.org:
Ja, vielen Dank. Die Webseite von Margit finden Sie unter https://margitlieverz.de/. Da gibt Sie Tipps zum Runterladen. [...]